Also, ich hatte ja schon angedeutet, wie es an diesem Tag am Omaha Beach weitergehen würde. Wir besuchten den amerikanischen Soldatenfriedhof in Colville-sur-Mer.
Die Fahrt dorthin ist schon ziemlich speziell: man fährt zunächst einer langen, fast graden Allee, deren Bäume im Februar verständlicherweise kahl sind. Dann kommt man zu einer nicht allzu hohen Mauer und fährt dann auf den Parkplatz, wo das Gras bereits millimetergenau getrimmt ist. Man kann schon fast von einem militärischen Kurzhaarschnitt sprechen. Der Friedhof selbst ist wahnsinnig gut gepflegt. Trotz der starken Winde, die in den vergangenen Tagen über die Küste gefegt waren, lag praktisch kein Zweig auf den Wegen, dem Rasen oder auf dem Boden der Gedenkstätten. Hatte es doch einmal ein Ästchen sich getraut runterzufallen, wurde es vom nächsten Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung, die übrigens meist Amerikaner im Dienste der Armee sind, aufgehoben.
Eine wunderschöne Parkanlage, wären da nicht die tausenden von Grabsteinen, die alle in Reih und Glied nebeneinander stehen. Doch selbst die strahlen eine ansteckende Ruhe aus, es ist friedlich und man kann sich auch einfach auf ein Bänkchen setzen und den wunderschönen Blick über den Strand und das Meer für einen Moment geniessen.
Am späten Nachmittag, genauer gesagt um Punkt 1600, werden die beiden Fahnen eingeholt, das Ganze wird von einer Trompete begleitet. Danach werden sie, so wie man das kennt, dreieckig zusammengefaltet und dem Verantwortlichen zur Verwahrung bis zum nächsten Morgen übergeben.
Die Nacht verbrachten wir dann im Parc Naturel des Marias du Cotentin auf einem Damm. Wieder schüttelte uns der Wind ziemlich durch, aber dafür waren wir weit und breit die einzigen Menschen. Nur ein paar Wasservögel verschanzten sich entweder hinter den Steinen oder schwammen diesseits und jenseits des Damms.
Am nächsten Morgen folgte eine Besichtigung auf die wir uns schon lange gefreut hatten. Wir würden den Tag in Ste. Mère Église verbringen. Eine Stadt, die wegen der Landung der 101st Airborne Division berühmt wurde. Die Geschichte hierzu wird auch in Filmen nacherzählt, so zum Beispiel in «Band of Brothers» oder in «Der längste Tag». Der Ort lebt mit und von seiner Geschichte und diese erzählen die Einwohner auch mit einer gehörigen Prise Humor. So hängt noch heute ein Fallschirmjäger in voller Montur am Glockenturm der Kirche. Es handelt sich dabei um John M. Steele, der in der Nacht zum 6. Juni über Ste. Mère Église abspringen musste und dessen Fallschirm sich im Glockenturm verfing, wo er die nächsten 10 Stunden hängen bleiben sollte. Gemeinerweise wurde ihm auch noch in den Fuss geschossen.
Nachdem wir uns in einem kleinen Bistro mit Omelette und Galette gestärkt hatten, besichtigten wir das Airborne Museum. Hier wurden nicht nur unzählige Fundstücke und Geschenke der GI’s ausgestellt, sondern die Ausstellung wurde auch noch durch ein Tablet unterstützt, das jedem Besucher die Möglichkeit gibt, nochmals ganz anders in die Geschehnisse dieser Tage im Juni 1944 einzutauchen.
Unweit von Ste. Mère Église befindet sich der Fluss Merderet. Hier fand in den Tagen nach dem D-Day die berühmte Schlacht von La Fièrre statt. Dabei verteidigte die 82nd Airborne Division die Brücke und somit das Tor nach Ste. Mère Église gegen die herannahenden Deutschen. Ein grausamer Kampf, in dem sich einige Soldaten auf amerikanischer Seite opferten, um Panzer lahmzulegen oder sich in die Mitte der Strasse stellten, um das Feuer auf sich zu ziehen. Zum Gedenken an diesen Kampf steht dort die «Iron Mike»- Statue, die wir ebenfalls besuchten. Kaum aus dem Auto ausgestiegen, kam aus einiger Entfernung eine Katze angelaufen und begrüssten uns mit lautem «Miau». Es stellte sich heraus, dass dieses Katerchen süchtig nach Streicheleinheiten ist und so nahm ich mir ein paar Minuten Zeit. Wir tauften ihn Mikey.
Ein Wunder, dass er nicht noch ins Auto eingestiegen ist, so zutraulich und anhänglich wie er war. Hätte er es aber getan, ich weiss nicht, ob ich ihn nicht doch mitgenommen hätte. So blieb Mikey aber dort, wo er hingehört, bei «Iron Mike».
Den Abend verbrachten wir in einem kleinen Städtchen namens Ste. Mère du Mont. Auch hier ist die Geschichte wörtlich an jeder Hausecke zu lesen. So hängen überall Tafeln, die von den Geschehnissen rund um den 6. Juni 1944 berichten. Es gibt auch die eine oder andere Geschichte zum Schmunzeln. So zum Beispiel die des Mannes, der eine vom Kirchturm gefallene Karte, auf der die deutschen Stellungen eingezeichnet waren, gefunden hat, als er gerade im öffentlichen Pissoir unterhalb des Kirchturms war. Die Offiziere, die den Plan verloren hatten, kamen natürlich gleich angerannt. Der Mann zog den Hosenstall zu und sagte, er haben nichts gesehen. Die Karte, die er sich durch den Hosenschlitz in die Hose gestopft hatte, bekamen schon am Nächsten Tag die Alliierten.
Langsam ging unsere Reise durch die Geschichte zu Ende, aber einen Landungsstrand hatten wir noch nicht besucht. Wir fuhren also von unserem Nachtquartier die paar Kilometer bis zum Utah Beach. Auch hier wieder Gedenkstätten, Tafeln, die Steine, die die Voie de la Libération säumen.
Aber erst einmal frühstücken im Windschatten der herrlichen Dünen, aus welchen immer wieder Bunker hervorlugen. Sie meisten der Bauten, sind noch nicht einmal freigelegt, so viele gibt es in der Gegend. Sie wurden nach dem 2. Weltkrieg einfach zugeschüttet und nur wenige haben bisher wieder den Weg ans Tageslicht gefunden. Vielleicht auch gut so, sollen sie für immer verschlossen bleiben.
Wir besichtigten das dazugehörige Museum, in dem es vorallem um Rolle der Navy und der American Airforce ging. Sogar ein B26- Bomber war dort ausgestellt. Dieses Flugzeug wurde von den Amerikanern «vom Reissbrett weg» gekauft. Die Konstrukteure zeichneten ihn und schon ging er in Serienproduktion. Testflüge? Überbewertet zu der Zeit. Dafür wurden im Verlauf der Produktion noch mehrere Anpassungen gemacht, so dass es am Schluss das Modell B 26 H gab. Bemerkenswert dabei: es war am Ende des Krieges eines der Modelle mit der geringsten Abschussrate überhaupt. Es ist das einzige Exemplar dieses Flugzeugs, das ausserhalb der USA besichtigt werden kann.
Die Batterie de Crisbeq, eine grosse deutsche Bunkeranlage oberhalb des Utah Beach, konnten wir leider nicht anschauen. Sie ist über den Winter geschlossen, was uns sehr enttäuscht hat. Aber gut, hatten wir nun doch schon einiges gesehen.
Damit war unsere Reise durch die Geschichte zu Ende und wir fuhren gemütlich in Richtung St. Malo. Aber davon und von den nächsten Fährreisen, erzähle ich euch beim nächsten Mal mehr. Bis dann!
Leave a Reply