Nachdem wir das Paradise Valley verlassen hatten, machten wir uns auf den Weg in eine Stadt namens Taroudannt. Den meisten wird dieser Name nichts sagen, ausser sie waren schon einmal dort. Dass liegt hauptsächlich daran, dass Taroudannt eine noch sehr ursprüngliche Stadt ist, die nur wenig Touristisches an sich hat. Aber schön der Reihe nach.
Wir wählten, wie so oft nicht den einfachsten Weg, um an unser Tagesziel zu gelangen. Der wäre nämlich gewesen, dass wir zurück nach Agadir fahren und dort die Nationalstrasse nach Osten nehmen. Das hätte alles in allem wohl zwei Stunden gedauert, wäre aber landschaftlich wohl eher unspektakulär und somit langweilig gewesen. Wir entschieden uns, nach dem allmorgendlichen Kartenstudium, stattdessen für die Route über Imouzzer. Das ist eine Stadt auf der anderen Seite der Bergkette, die man über ein herrliches und nur dünn besiedeltes Hochplateau erreicht.
Die Strassen waren eng und kurvig und wie immer in solchen Situationen teilen uns Matthias und ich die Fahrt gerne auf: er macht die Passstrassen, ich die langen, gerade Strecken. So bekommt jeder das, was ihm Spass macht. Wir waren gerade so etwa auf der Passhöhe, als wir plötzlich einen Esel sahen. Das ist jetzt nichts wirklich Besonderes in Marokko. Aber der Esel war gesattelt, also musste es ja wohl auch einen Menschen dazu geben. Und tatsächlich sahen wir mitten im Nirgendwo Leute, die Äste von Arganbäumen schnitten und diese weg trugen. Ja, aber wohin denn? Hier oben gab es wirklich nichts. Nach einigen engen Serpentinen und vergleichsweise vielen Höhenmetern kam wir auf die andere Seite des Bergs und sahen dort, dass die Leute querfeldein mit oder ohne Esel in Richtung Imouzzer unterwegs waren. Steile Pfade führten hinunter und ohne Wanderschuhe hätte ich das nicht einmal im Traum gewagt. Aber die Leute sind einfach hart im nehmen. Mit den üblichen Badeschlappen und den Buckel vollen Zweige und Äste, bahnten sie sich den Weg nach unten.
Ich selbst war froh, als wir heil im Tal unten angekommen waren. Sind Leitplanken und Co. nicht wirklich verbreitet in dieser Gegend. Die folgenden eineinhalb Stunden sahen dann immer ziemlich gleich aus: Trockene Ebene mit Oliven- oder Zitrusplantagen und dann wieder einfach kleine Ortschaften. Manchmal mit Markt und dem üblichen Esel-Pferd-Auto-Durcheinander, manchmal nur ein paar einfache Häuser. Wir merkten bald, dass Camper hier nicht allzu häufig vorbeikommen. So zeigten die Kinder auf uns und auch die Erwachsenen inspizierten uns beim Vorbeifahren. Man könnte jetzt denken, dass dies unangenehm war, aber es war eigentlich ganz süss. Denn was fast überall in Marokko gleich ist: wenn du winkst, dann lächeln sie und winken freudig zurück.
In Taroudannt fanden wir einen süssen kleinen Campingplatz etwas ausserhalb. Weil es ein herrlicher Tag war und wir noch etwas die Stadt erkunden wollten, liefen wir auch bald schon los. Auf der kleinen Strasse fuhren aber leider keine Taxis vorbei, die uns hätten aufsammeln können. Wir stellten uns schon auf einen etwas halbstündigen Marsch bis zur Hauptstraße ein, als ein Dokker (ein dreirädriges Gefährt, das vorne Motorrad und hinter Ladefläche mit Achse ist) an uns vorbeifuhr. Die zwei jungen Männer hintendrauf riefen und winkten uns zu, wir sollen doch aufspringen und da wir noch nie mit so einem Teil mitgefahren sind, rannten wir los. Es war eine holprige Strecke, aber wir waren froh, konnten wir mitfahren und hei, war das ein Spass. Sowohl für uns, als auch für die, die uns mitgenommen haben. In der Stadt angekommen, stiegen wir ab und gingen die letzten ca. 2 Kilometer zur Medina zu Fuss. Dabei kamen wir an wunderschönen Parkanlagen vorbei.
Wir schländerten durch die Medina und dabei fiel uns auf, dass sie hier, im Gegensatz zu Essaouira, kein touristisches Flair hat. Es ist das ganz normale Leben, innerhalb dieser Mauern, die über Jahrhunderte Schutz vor Eindringlingen und Wüstenstürmen boten.
Was es in jeder Stadt gibt, das sind die Souks, also die Märkte. In Taroudannt gibt es, wie wohl in anderen Städten auch, zwei verschiedene Souks: den Berber- Souk, wo besonders viel Handarbeit angefertigt und auch verkauft wird und den arabischen Souk, wo man alles andere bekommt.
Die Gassen in den überdachten Souks sind eng und es wirkt fast ein wenig, wie ein Labyrinth. Es gibt sogar Menschen, die behaupten, jeder Souk habe ein System. Dieses hat sich uns aber nicht erschlossen und wir waren froh, dass wir den Ausweg wieder fanden. Nach ein paar Stunden war es dann aber auch genug und wir schnappten und ein 1PS- Habermotortaxi zurück zum Camping. Was das ist? Ist doch klar, die Pferdekutsche. Die wir hier nämlich immer noch als Transportmittel innerhalb der Stadt und wenn man ganz liebt frägt, auch ausserhalb genutzt.
Wir fragten unseren Fahrer Mohammed, ob er uns am nächsten Tag zum Sonntags- Souk bringen könnte, denn wir wurden nicht ganz schlau, wo der stattfinden sollte. Er gab uns seine Telefonnummer und wir sollten uns melden, wenn wir abgeholt werden wollten. Das taten wir dann auch und pünktlich um halb zwölf am Sonntagmittag fuhr die Pferdekutsche über den Campingplatz und suchte nach uns. Nicht nur wir staunten, als wir auf einmal Hufgeklapper hörten.
Mohammed brachte uns also zum Souk und gab uns noch ein paar gute Tipps mit auf den Weg, aber nichts hätte uns auf das vorbereiten können, was wir dort sahen. Du brauchst etwas, egal was, du findest es auf dem Sonntags- Souk. Wir hatten das Marktgelände, das grösser ist als manches Dorf, noch nicht einmal betreten, da trugen sie schon die gekauften Ziegen über die Strasse. Rinder, Schafe und ich glaube irgendwo waren auch noch Kamele. Unmengen von Gemüse, Früchten, zwischen Gewürzen und Haushaltswaren, eben wirklich alles. Und natürlich Menschenmassen.
Leider konnten wir nicht so viele Fotos machen, wir gehofft, denn die Leute lassen sich nur ungern fotografieren. Das haben wir natürlich respektiert.
Am folgenden Tag fuhren wir über den Hochatlas. Das Tagesziel war für einmal nicht so genau bekannt, waren die Infos auf unserer Lieblings- Camper- App doch sehr unterschiedlich. Die einen schrieben, man könne in der Region sehr gut übernachten, die anderen sagten, es wäre nicht ganz sicher und die Polizei duldet kein freies Stehen.
Wir stoppten fast auf der Passhöhe in Tizi n’Test und bekamen ein wunderbar einfaches, aber dafür umso typischeres Mittagessen serviert: Berberomelett (natürlich im Tanjin gebraten), Berbersalat (Tomaten, Zweibeln und Gweürze) und Harira, eine Art Linsensuppe. Dazu gab es Brot, Oliven und natürlich Tee.
Tizi n’Test liegt auf 2100 Metern und es war gerade mal ein paar grad warm. Dafür entschädigte die Aussicht für den kalten Wind, der uns hier oben um die Ohren pfiff.
Der Weg nach Asni sog sich hin und wir waren schon einige Stunden auf schwieriger Strasse unterwegs. Wir freuten uns eigentlich schon auf einen ruhigen Abend und erholsamen Schlaf. Doch der Platz, auf dem wir in Asni, nach Rücksprache mit der Polizei, vielleicht hätten stehen können, entpuppte sich als ungemütlicher Parkplatz an der Hauptstrasse, auf dem wir total ausgestellt gewesen wären. Wir entschieden uns, den einzigen eingezeichneten Stellplatz in der Nähe zu suchen, auch wenn das bedeutete, dass wir nochmals eine halbe Stunde über eine immer enger werdende Strasse in die Berge fahren mussten. Schliesslich landeten wir am fast am Ende eines Tals in dem kleinen Ort namens Imlil. Ein Mekka für Wanderer und Bergfans im berühmten Toubalk- Naturpark.
Was hier ein wenig einfarbig und trist erscheint, war in Realität einfach harmonisch. Die Häuser fügen sich in die Landschaft ein, als ob sie schon immer dort gewesen sind. Und so verbrachten wir eine kalte Nacht in den Bergen und von mindestens vier Moscheen mit entsprechend lauten Muezzinen umgeben. Geschlafen haben wir trotzdem gut.
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